Hallo an euch alle! Wir sind die Küchenschaben-Tierbefreierinnen und halten normalerweise den Geist des Antispeziesismus am Leben. Heute wollen wir jedoch unsere Redezeit an eine Freundin und einen Freund des guten Lebens für Alle vergeben. Sie möchten heute ihren Blick auf eine Region in der Welt legen, die außerhalb unseres Kontinents liegt. Für sie besonders wichtig, da sie die dortigen Strukturen und Menschen persönlich kennenlernen konnten. Sie können zwar nicht zu euch sprechen, haben uns jedoch einen Text zukommen lassen, den wir vortragen werden.
Denn während am 01. Januar viele in das neue Kalenderjahr feierten, oder auch nicht, gab es tatsächlich ein Jubiläum, welches ganz im Sinne unserer heutigen Veranstaltung, der Feierlichkeit würdig ist.
Hier nun also ihre Worte:
Wie ein alternatives Konzept zu Konkurrenz und Staat aussehen kann, zeigen die Zapatistas in Mexiko.
In den indigenen Gebieten von Chiapas gegründet, schlug das Konzept Zapatismus zehn Jahre lang Wurzeln. Am 01. Januar 1994 zeigten sie sich erstmals der Welt. Am Tag, an dem Mexiko das Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada unterzeichnete. Es kam zum Aufstand, die Zapatistas besetzten erfolgreich 5 Kommunen. Er dauerte weniger als zwei Wochen bis es zu
Verhandlungen zwischen der Regierung und den Zapatistas kam.
In diesen Verhandlungen stellte der Zapatismus vor allem die Autonomiedebatte in den Mittelpunkt seines politischen Denkens und Handelns und forderte Autonomierechte für die indigene Bevölkerung.
Ziel war es nicht die herrschenden Bedingungen ändern zu wollen, sondern alternative Machtstrukturen aufzubauen.
Der Zapatismus lehnt die Machtergreifung durch den Staat ab und hat es zum Ziel eigene Befugnisse, Autonomie und Selbstverwaltung zu schaffen. Der soziale Wandel soll als Aufbau einer neuen Welt zu verstehen sein, anstatt die bestehende Welt zu verändern.
Die Schaffung von autonomen Gemeinden und die Räte der Guten Regierung, haben gezeigt, dass es möglich ist, sich anders zu regieren, ohne permanente Bürokratien zu schaffen oder zu reproduzieren.
Es geht nicht darum, Veränderungen des rechtlichen Rahmens im Staat herbeizuführen, sondern auch darum, mächtige selbstverwaltete Netzwerke in verschiedenen Bereichen aufzubauen. Ein Beispiel ist die selbstverwaltete Gemeinde Cherán im Bundesstaat Michoacán. Dort hat die Regierung kein Mitspracherecht.
Seit 2018 regiert in Mexiko der „linke“ Präsident Lopez Obrador. Er konzentrierte vor allem im Wahlkampf einen Großteil seiner Kritik auf den Neoliberalismus, die Auswüchse des Kapitals – aber nicht unbedingt auf das kapitalistische System als solches. Die Zapatisten hingegen wollen Bedingungen schaffen, die Autonomie ermöglichen, aus diesem Grund lehnen sie auch diesen Präsidenten, wie alle Vertreterinnen des Staates und den Staat an sich ab und stellten eine eigene
alternative Kandidatin. Ohne Aussicht auf Erfolg, lediglich um Aufmerksamkeit für sich und ihre Anliegen zu erzeugen.
Vor allem das Vorzeigeprojekt des Präsidenten „Tren Maya“, eine Zugverbindung hauptsächlich für Touristen durch indigenes Gebiet, wird von der indigenen Bevölkerung abgelehnt. Das von der DB unterstütze Projekt führt zu Vertreibungen und massiven Abholzungen des Waldes. Der Widerstand
dagegen hält weiter an.
Zum 40 Jährigen bestehen der EZLN hat die EZLN eine Reihe von Kommuniqués veröffentlicht, in denen sie über wichtige Veränderungen informiert, um der neuen Phase des systemischen und ökologischen Zusammenbruchs zu begegnen. Die Räte der Guten Regierung und die Autonomen Gemeinden, Organisationsstrukturen, die vor zwei Jahrzehnten geschaffen wurden und ein Symbol der zapatistischen Selbstverwaltung sind, würden nicht mehr funktionieren. Anstelle von etwa dreißig autonomen Gemeinden und 12 Räten gibt es mit dem Jubiläum tausende von Basisstrukturen, lokale autonome Regierungen und hunderte von zapatistischen autonomen Regierungskollektiven. Sie bauen sich und ihre Verwaltungsstrukturen von unten nach oben auf, statt von oben nach unten.
Einer der Grundgedanken der EZLN ist das „gehorchende Befehlen“. Das Treffen von Entscheidungen im Sinne des Willens des Volkes.
Die Doktrin besteht aus sieben Prinzipien, nach denen sich Vertreter aller Gremienebenen richten
sollen:
1 Schlage etwas vor, aber zwinge nichts auf.
2 Repräsentiere, aber ersetze nicht.
3 Baue, aber zerstöre nicht.
4 Befolge, aber diktiere nicht.
5 Begegne auf Augenhöhe, dominiere nicht.
6 Überzeuge, aber bezwinge nicht.
7 Diene anderen, nicht dir selbst.
Sie erschaffen sich ihre eigenen Strukturen und regeln, immer mit dem Wissen, dass auch sie nicht alles richtig machen und sie sich und ihre Strukturen ständig hinterfragen und ggf erneuert werden müssen. Getreu dem Motto: Fragend schreiten wir voran.
Sie haben es geschafft, ihre Vorstellungen von einem guten Leben in die Realität umzusetzen. Ein Leben ohne Staat und Konkurrenz.
Auch den Zapatistas ist klar, es gibt nur einen Ausweg: Beat the system!
Alles für Alle, nichts für Uns!