Solidarität mit den Streikenden Fahrer:innen in Gräfenhausen!

Auf dem Bild stehen einige Streikende vor zwei geöffneten LKW. Hinter ihnen ist ein Banner mit der Aufschrift solidarische Perspektiven aufgehängt.

Anfang August haben wir die streikenden LKW-Fahrer:innen an der Raststätte Gräfenhausen bei Darmstadt besucht.

Zum einen war unser Ziel unsere Solidarität auszudrücken, wofür wir auch ein paar Lebensmittel mitgebracht haben. Zum anderen wollten wir uns ein eigenes Bild über die Situation verschaffen und uns mit den Streikenden selbst austauschen.

Rund 90 LKW der polnischen Firmengruppe Lukmaz, Akmaz und Imperia stehen aktuell auf der Raststätte Gräfenhausen nahe Darmstadt Richtung süden. Die Raststätte ist für weitere LKW gesperrt. Auch auf der Gegenseite sind einige LKW der Firmengruppe geparkt. Aktuell dürften es insgesamt ca. 140 Streikende sein.

Was die Streikenden neben der Firmenzugehörigkeit eint ist, dass sie nach eigener Aussage seit geraumer Zeit keinen Lohn bekommen haben. Deshalb wollen sie an der Raststätte verbleiben, bis alle ihr Geld bekommen haben.
Der Chef von Luk Maz, Lukasz Mazur hatte zu Beginn des Streiks wenigen ihr Geld bezahlt und so versucht den Streik zu brechen.

Sie wollen sich nicht spalten lassen, sagen die Fahrer:innen.

Inzwischen wurden sie von ihren Vorgesetzten angezeigt. Diese werfen den Fahrern Erpressung vor. Sie selbst sehen darin erst einmal kein Problem. Wenige haben eine Aussage bei der Polizei zur Sache gemacht. Für sie ist der Fall klar. Solange sie ihr Geld nicht bekommen bleiben sie, und mit ihnen ihre LKWs.

Inzwischen wird öffentlich diskutiert, dass die Fahrer in Form einer Scheinselbstständigkeit angestellt sind. Offensichtlich versuchen die Logistikfirmen auf diesem Wege ihre Ausbeutungsstrukturen weiter auszureizen.

Die Stimmung unter den Streikenden haben wir als entschlossen und positiv wahrgenommen. Sie erzählen, dass sie viel Solidarität erfahren und sich weiterhin über Solidaritätsbekundungen und Spenden freuen. Außer dem alltäglichen Bedarf, der gedeckt werden muss, scheinen die Ansprüche nicht besonders hoch zu sein. Die selbstorganisierte Struktur und das vorübergehende Zusammenleben auf der Raststätte scheint gut zu funktionieren, wenngleich sich unser Gesprächspartner freut nach erfolgreichem Streik nach Hause zu kommen. Für seinen jetziges Unternehmen möchte er in Zukunft nicht mehr arbeiten.

Schon im März streikten LKW-Fahrer:innen des polnischen Transportunternehmens. Es waren etwa 65 Fahrer:innen, die in erster Linie die Bezahlung ausstehender Löhne forderten, aber auch auf unzumutbare Zustände im Transportwesen aufmerksam machten.

Der wilde Streik der Fahrer:innen wurde von verschiedenen Gewerkschaften, Einzelpersonen und Initiativen aus der Umgebung unterstützt.

Auch das Auffahren einer Pseudomiliz durch den Unternehmer hat die Streikenden nicht davon abgehalten ihre Rechte einzufordern und am Ende die eingeforderten Löhne zu erkämpfen.

Dieser wilde Streik zeigt, ähnlich wie der Streik sogenannter Erntehelfer*innen bei Spargel Ritter im Jahr 2020 die Grenzen standortorientierter Gewerkschaftsarbeit auf.

In der öffentlichen Debatte freut man sich nun über die guten deutschen Arbeitsbedingungen und ächtet die moderne Sklaverei polnischer oder allgemeiner, osteuropäischer Betriebe. Selbst deutsche Transportunternehmen lassen sich nicht lumpen diesen Streik für sich zu nutzen. Leiden sie doch scheinbar unter Fachkräftemangel und würden die Streikenden gerne für sich gewinnen.

Diese Diskussionen zeigen den ganzen Irrwitz des kapitalistischen Konkurrenzdenkens. Es geht nicht in erster Linie darum die Betrogenen und Ausgebeuteten zu unterstützen. Stattdessen versuchen alle ihre eigenen Vorteile daraus zu ziehen.
Die deutsche Politik betont die gute Position des deutschen Wirtschaftsstandorts, die deutschen Unternehmen reklamieren bessere Arbeitsbedingungen für sich.

Dass prekäre Arbeitsbedingungen durch Konkurrenzkampf nicht bekämpft werden können wollen sie nicht hören. Genauso wenig, dass der eigene Wohlstand und die damit verbundenen besseren Standortbedingungen lediglich eine Folge dieser unmenschlichen Ausbeutungsverhältnisse sind. Um so wichtiger ist es internationale Solidarität nicht nur als Phrase zu begreifen und sie statt dessen Realität werden zu lassen.

Wilde Streiks sind oft die einzige Möglichkeit für all diejenigen, die nicht den Luxus haben Teil einer anerkannten Tarifpartei zu sein. Nach aktueller Rechtsprechung sind wilde Streiks in Deutschland faktisch verboten.

Wir werden die Entwicklungen weiter verfolgen und unsere Solidarität auch in Zukunft praktisch ausüben.

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